Center for Regional Economic Development (CRED)

Standortdynamik und regionale Wirtschaftspolitik

Kernkompetenz: Regionale Gesundheitspolitik

Das Schweizer Gesundheitssystem ist hochgradig dezentralisiert, wobei den Kantonen eine massgebende Rolle zukommt. Zusammen mit den Gemeinden sind sie unter anderem für eine ausreichende und wirtschaftlich tragbare medizinische und pflegerische Versorgung verantwortlich. Den akutsomatischen Bereich steuern die Kantone auf Grundlage von Artikel 39 KVG mittels Spitalplanung und –listen für die Zulassung der Spitäler zur Ordentliche Kranken- und Pflegeversicherung. Sie bezweckt, die Kosten einzudämmen bzw. Überkapazitäten zu vermeiden. 

Wir beschäftigen uns aktuell mit zwei Aspekten der regionalen Gesundheitspolitik: Erstens analysieren wir regional variierende Trends bei der Schliessung von Hausarztpraxen, welche weitreichende Folgen für die betroffenen Regionen als auch für das gesamte Gesundheitssystem mit sich bringen. Zweitens untersuchen wir regionale Variationen in der Verschreibung von sogenannter «low value» Behandlungen (z.B. Vitamin D Tests) und Generika.

Arztpensionierungen, Praxisschliessungen und Unterbrechung der Versorgung - wie wirkt sich das auf die Patienten aus?

Dieses durch das NFP 74 finanzierte Projekt nutzt Praxisschließungen, um die kausalen Auswirkungen von Diskontinuitäten in der Primärversorgung auf das Nutzungsverhalten der Patienten, die medizinischen Ausgaben und die gesundheitsbezogenen Ergebnisse abzuschätzen. Mit Hilfe eines Difference-in-Difference-Rahmens identifizieren wir kausale Effekte, indem wir Veränderungen der Outcomes zwischen einer betroffenen Patientengruppe und einer nicht betroffenen Gruppe, die keine Veränderungen in der Primärversorgung erlebt, vergleichen.

Grafik 1: Veränderung in der regionalen Verfügbarkeit von medizinischer Grundversorgung zwischen 2005 und 2015.

Unsere Hauptergebnisse sind: erstens passen Patienten, die mit einer Diskontinuität in der Primärversorgung konfrontiert sind, ihr Nutzungsverhalten an, indem sie ihre Besuche von der ambulanten Primärversorgung (-12%) auf die spezialisierte Versorgung (+11%) und auf Notfallkonsultationen (+5%) verlagern. Dies entspricht 18 Hausarztkonsultationen pro 100 Patienten, von denen 7 durch Facharztbesuche und 2 durch ambulante Krankenhausbesuche ersetzt werden. Die Hälfte der verlorenen Besuche wird nicht ersetzt. Die Gesamtkosten sind nicht betroffen, aber die Kosten pro Besuch steigen um 5%. Dieses Muster ist regional sehr unterschiedlich. In Regionen mit geringer Hausarztdichte werden 75% aller verlorenen Hausarztbesuche nicht ersetzt, während in Regionen mit hoher Hausarztdichte dieser Anteil nur 17% beträgt. Zwei politisch relevante Implikationen sind, dass Praxisschließungen zu einer ineffizienten Nutzung der Gesundheitsdienste führen und längerfristige negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben können.

Laufende Projekte zum Thema Regionale Gesundheitspolitik

 Arbeitstitel Fragestellung
Autoren
Arztpensionierungen, Praxisschliessungen und Unterbrechung der Versorgung - wie wirkt sich das auf die Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung und die gesundheitlichen Ergebnisse der Patienten aus? (NFP 74) Welche Auswirkungen hat die Schliessung von Hausarztpraxen auf Patientinnen und Patienten und das Gesundheitswesen? Michael Gerfin, Tamara Bischof, Boris Kaiser (B.S.S, Basel)
Zu den Auswirkungen einer «social comparison» Intervention auf das Verhalten von Ärzten - Ein Feldexperiment auf der Grundlage der regionalen Variation der Bereitstellung gering- und hochwertiger Dienstleistungen. Wie gross sind die regionalen Unterschiede in der Inanspruchnahme geringwertiger Pflege und der Generikaverschreibungsrate? Kann dieses Verhalten durch durch eine sog. «social comparison» Intervention beeinflusst werden, d.h. kann das Verhalten der Ärzte durch die Bereitstellung von Best-Practice-Informationen verändert werden? Tobias Müller, Michael Gerfin